Das gängige Hoteltester-Klischee ist, dass sich diese Berufsgruppe im ständigen, unermüdlichen Kampf gegen Schimmel, Verschmutzungen und ekliges Getier befindet. Diese Kolumne ist daher all jenen gewidmet, die sehnlichst auf Jagdgeschichten nach Kakerlaken und anderen Exoten warten.
Vor einigen Jahren fragte ich eine Bekannte, wie ihr Honeymoon auf Barbados verlaufen sei. Ihre Antwort war ernüchternd. Anstatt wie geplant zu Dritt, mit einem kleinen süßen karibischen Geheimnis nach Hause zu fliegen, reisten sie zu Dutzenden gen Heimat. Mit im Gepäck Bettwanzen, Stiche und eine bleibende Phobie vor fremden Hotelbetten. Doch nicht nur Bettwanzen, auch andere Weggefährten kreuzen hierzulande die Reiserouten unternehmungslustiger Urlauber.
Der Flohzirkus tanzt glücklich unter der Höhensonne
So unterhielt ich mich vor kurzer Zeit mit einem guten Freund, der berufsbedingt viel auf Reisen ist. Ihm ging es gar nicht gut, er litt unter einer seltenen Art der Gürtelrose. Bei mir, einer bekennenden Hypochonderin machte sich sofortiges Mitleid breit und ich bat ihn, mich über den Verlauf dieser heimtückischen Krankheit weiter in Kenntnis zu setzen. Als ich einige Wochen nichts von ihm vernahm, griff ich zum Hörer. Ein ziemlich zerknirscht wirkender Freund meldete sich am Apparat und wollte zunächst so gar nicht mit der Sprache über seine erschütternde Krankheit herausrücken. Doch ich ließ nicht locker und erfuhr Unglaubliches: Nach zahlreichen Arztkonsultationen, darunter Dermatologen, Internisten und sogar Kardiologen, einer Unmenge an ärztlich verordneten Sitzungen unter der Höhensonne und dem Einnehmen diverser Vitamin- und Immunaufbaupräparate hörte der störende Juckreiz immer noch nicht auf und der Ausschlag begann, sich am ganzen Körper weiter auszubreiten. Der Verzweiflung nahe, suchte mein Freund bei der abendlichen Lektüre nach Zerstreuung. Plötzlich erschrak er und sah wie ein kleines schwarzes Ding genau vor seiner Nase einen doppelten Salto Mortale drehte und ihm um ein Haar, ins Gesicht lachend, davongesprungen wäre. "Nein, das ist nicht wahr!" rief ich voller Erstaunen und vielleicht sogar ein klein wenig enttäuscht. Seine lebensbedrohliche Gürtelrose entpuppte sich als ein vorwitziger Floh, der ihn seit seiner Geschäftsreise nach Marokko treu begleitet hatte.
Die besten Laus-Evakuierungs-Strategien
Doch es trifft leider nicht immer nur Freunde und Bekannte, auch ich durfte im zarten Kindesalter eine Begegnung der besonderen Art machen. Als Tochter einer Stewardess wurde mir das Reisen mit in die Wiege gelegt und mit sechs Jahren ging es das erste Mal nach Thailand. Diese Destination galt damals lediglich unter Hippies, die von Körperhygiene nicht viel hielten, als heißer Geheimtipp. Dies merkten wir spätestens nach unserer Rückkehr. Denn zu Hause angekommen, bot ich einer Unmenge quirliger Urlaubs-Souvenirs Unterschlupf auf meinem Kopf. Ich schrie beim Entfernen der Läuse im heimischen Badezimmer damals so laut, dass unsere Nachbarin anrief und meinen Eltern mit dem Jugendamt drohte. In dieser Zeit nannte ich nicht nur einen Läusekamm mein eigen, sondern besaß auch eigene Läusebettwäsche und nur von mir konsumiertes Laus-Shampoo. Ich kann mich sogar heute noch, 31 Jahre nach dieser traumatischen Erfahrung, an den grauenvollen Geruch besagten Parasiten-Shampoos erinnern. Somit sehe ich mich für die Zukunft bestens gegen potenzielle Laus-Attacken meines Sohnes gewappnet. Mir macht in Sachen "Laus-Evakuierung" so schnell keiner mehr etwas vor!
Was haben Milben und Nüsse gemeinsam?
Doch in der Regel sind die deutschen und österreichischen 5-Sterne Wellness-Hotels, die von uns getestet werden, herausragend sauber und ungezieferfrei. Allerdings weiß man ja nie so genau, woran das eigenartige Jucken an Armen, Beinen und Rücken liegen kann. Gerade wenn man in so vielen Hotelbetten schläft wie ich und eine gute Freundin beim Betrachten meines Hautausschlages trocken entgegnete "Mein Ex-Freund hatte auch so ein Ekzem, das kam von Milben." Ein elementarer Satz, von meiner Freundin so lapidar ausgesprochen, hallte nun Tage und Nächte in mir nach. Sofort wurde im Internet alles, was es über Milben zu wissen galt, gelesen und ich war mir sicher, dass ich mich auf einer meiner Reisen mit Milben infiziert hatte und diese nun fröhlich Milbengänge an mir bauten. Ich war ratlos und ließ mir vom Hautarzt meines Vertrauens ein probates Mittel verschreiben, denn auch er konnte nicht mit Gewissheit ausschließen, dass sich Milben in Hotelbetten tummelten. Außerdem wurde von mir ein stringentes SOS-Milben-Vernichtungsprogramm realisiert: Ich zog erst einmal zu meinem Freund, wusch drei Tage lang ohne Unterbrechung jedes Kleidungsstück, sodass ich schon ein Phantom-Schleudergeräusch im Ohr vernahm und ließ nach den diversen Waschungen erst einmal sämtliche Textilien in Plastiktüten vakuum-verpackt auf der Terrasse bei Minusgraden frieren. Sogar meinen Freund begann es bei dieser schroffen Antimilben-Vernichtung zu jucken. Unser abendliches Einschlafritual bestand fortan darin, uns mit gelben Gummihandschuhen bewaffnet, gegenseitig den Rücken mit Anti-Milbencreme einzureiben. Spätestens nach dieser Aktion ahnte ich, dass ich den Mann fürs Leben gefunden hatte.
Wellness-Aufenthalte — das probate Mittel für angespannte Gemüter
Erst eine lange Arzt-Odyssee später, brach die leitende Ärztin einer renommierten Hautklinik bei meiner Selbst-Diagnose in schallendes Gelächter aus und gab als Untersuchungsergebnis bekannt: statt akutem Milbenbefall - akute Neurose gepaart mit starker Nuss-Allergie. Und sie empfahl mir zur Entspannung einen Wellness-Urlaub, den unternahm ich dann auch - allerdings weder nach Barbados noch nach Marokko.